Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat sich mit Blick auf die schwache deutsche Wirtschaft für eine spätere Rente ausgesprochen. „Wir müssen uns, auch wenn es unangenehm ist, ehrlich machen: Wir sind eine alternde Gesellschaft“, sagte Nagel im Podcast Table Today von Table Media. „Wir müssen aus Sicht der Bundesbank länger arbeiten, um uns den Wohlstand zu erhalten, den Generationen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgebaut haben.“
Es gehe am Ende um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland, sagte Nagel. Wenn das nicht gelinge, würden Deutschland und Europa
zurückfallen. Der Bundesbank-Chef hatte wiederholt schnelle Reformen in Deutschland gefordert, darunter einen späteren Rentenbeginn.
Vorsichtig optimistisch für die Wirtschaft
Zugleich äußerte sich Nagel vorsichtig zuversichtlich für die Konjunktur. Die deutsche Wirtschaft könne jetzt auf einen moderaten Wachstumspfad einschwenken. „Wir werden sicherlich im nächsten Jahr mehr Wachstum sehen, wenn die Ausgaben in Zukunftsinvestitionen richtig gesetzt sind. Dann kann aus dem zarten Pflänzlein deutlich mehr werden.“
Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Krise: Nachdem das Bruttoinlandsprodukt 2023 und 2024 sank, erwarten führende Wirtschaftsforschungsinstitute im laufenden Jahr allenfalls ein sehr kleines Wachstum. Für das Jahr 2026 rechnen sie dann wieder mit einem deutlicheren Plus – nicht zuletzt wegen der geplanten staatlichen Milliardenausgaben für Infrastruktur und Verteidigung. Die Bundesregierung geht für 2026 von einem Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent aus.
Nagel lehnt Verkauf von Goldreserven ab
Kritik an einer möglichen ineffizienten Verwendung der Milliardenschulden komme zu früh, sagte Nagel. „Mir ist es einfach noch zu früh, jetzt hier in Sack und Asche zu gehen.“ Die Wirkung des Fiskalpakets komme erst noch. „Die Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung an der Stelle bewusst.“ Zuletzt hatten Ökonomen in einer ifo-Umfrage die Erwartung geäußert, dass nur knapp die Hälfte der neuen Schulden in zusätzliche Investitionen fließe.
Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die Zinsen unverändert zu lassen, nannte Nagel angemessen. Man werde sich im Dezember die neuen Projektionen anschauen und auf dieser Basis entscheiden und sich alle Optionen offenhalten, sagte Nagel. Dass die Bundesbank Goldreserven verkaufen könnte, um den Bundeshaushalt zu entlasten, lehnte Nagel ab. „Das Gold bleibt dort, wo es ist, und wird nicht verkauft.“